
Thermoplastisches Polyurethan, kurz TPU, ist ein leistungsfähiger Werkstoff, der die Vorteile von Thermoplasten und Elastomeren in sich vereint. Sein vielseitiges Eigenschaftsprofil macht ihn in zahlreichen Branchen unverzichtbar - von der Medizintechnik über den Automobilbau bis hin zum 3D-Druck.
Dieser Ratgeber erklärt, was TPU ist, wie es hergestellt wird, welche Varianten und Eigenschaften es aufweist, wie es verarbeitet wird und in welchen Anwendungen es überzeugt.
Inhalt:
Was ist TPU bzw. thermoplastisches Polyurethan?
Thermoplastische Elastomere (TPE) sind Kunststoffe, die sowohl elastische Eigenschaften wie Gummi als auch die thermoplastische Verarbeitbarkeit klassischer Kunststoffe besitzen. Bei Raumtemperatur sind sie weich und flexibel, unter Wärmeeinfluss jedoch schmelz- oder verformbar und dadurch beliebig oft wiederverarbeitbar. Dieses Verhalten beruht auf ihrer besonderen Molekularstruktur: Sie bestehen aus weichen, elastischen Segmenten und harten, thermoplastischen Bereichen, die als physikalische Vernetzungen wirken.
Damit vereinen TPEs die Vorteile zweier Welten: die Elastizität von Gummi und die einfache Formgebung von Thermoplasten. Anwendung finden sie unter anderem in Kabelummantelungen, Dichtungen, Soft-Touch-Oberflächen, Schuhsohlen oder auch im 3D-Druck.
Thermoplastisches Polyurethan (TPU) ist ein bedeutender Vertreter dieser Materialklasse. Es basiert auf Urethan und zeigt bei Raumtemperatur ein gummiähnlich elastisches Verhalten, lässt sich jedoch bei Erwärmung teilweise bis vollständig reversibel verformen und erneut verarbeiten. Hergestellt wird TPU durch eine Polyadditionsreaktion von Diisocyanaten mit Polyolen. Dabei entstehen harte und weiche Segmente, die seine Struktur bestimmen. Durch gezielte Variation dieser Ausgangsstoffe lassen sich Eigenschaften wie Härte, Flexibilität, Abriebfestigkeit oder Chemikalienbeständigkeit gezielt einstellen.
Aufbau & Struktur von thermoplastischen Polyurethanen
Die Leistungsfähigkeit von thermoplastischem Polyurethan (TPU) geht auf seinen segmentierten molekularen Aufbau zurück. Innerhalb des Materials wechseln sich zwei Funktionsbereiche ab:
- Weichsegmente: Lange, flexible Polymerketten, die für Elastizität, Geschmeidigkeit, gute Rückstellung und Beständigkeit bei niedrigen Temperaturen sorgen.
- Hartsegmente: Kurze, stark gebundene Molekülabschnitte, die dem Werkstoff Festigkeit, Abriebwiderstand, Formstabilität und eine hohe Beständigkeit gegenüber Chemikalien verleihen. Sie wirken wie physikalische Vernetzungszonen.
Die besondere Segmentstruktur macht TPU zu einem Werkstoff, der zugleich dehnbar und flexibel, aber auch mechanisch belastbar und widerstandsfähig ist. Damit verbindet es die Vorzüge klassischer Elastomere (Elastizität, Energieaufnahme) mit den Stärken thermoplastischer Kunststoffe (Schmelzverarbeitbarkeit, Recyclingfähigkeit, variable Formgebung).
Grundsätzlich lässt sich TPU in zwei Richtungen klassifizieren: nach der Polyol-Basis der Weichsegmente sowie nach der Isocyanat-Basis der Hartsegmente. Das Zusammenspiel dieser Komponenten bestimmt maßgeblich das endgültige Eigenschaftsprofil.
Nach Polyol-Basis (Weichsegmente)
- Polyester-TPU: Hohe Festigkeit, Abrieb- und Medienbeständigkeit (Öle, Fette, Kraftstoffe); dafür empfindlicher gegenüber Hydrolyse/Feuchte. Eignet sich für Maschinenelemente, Rollen, Automotiv-Teile.
- Polyether-TPU: Sehr gute Kälteflexibilität und Hydrolysebeständigkeit; tendenziell etwas geringere Lösemittel-/Ölbeständigkeit. Ideal für Schläuche, Kabelummantelungen, Anwendungen im Nassbereich/Medtech.
- Polycarbonat-TPU (optional): Gute Transparenz, UV-/Hydrolysebeständigkeit und höhere Wärmeformbeständigkeit; meist teurer. Für optische/Outdoor-Teile und Premium-Anwendungen.
Nach Isocyanat-Basis (Hartsegmente)
- Aromatisches TPU (z. B. MDI/TDI-basiert): Sehr gutes mechanisches Niveau und wirtschaftlich; neigt unter UV zu Vergilbung und Eigenschaftsverlusten. Geeignet für technische Bauteile im Innen- oder indirekten Außenbereich.
- Aliphatisches TPU (z. B. HDI/H12MDI-basiert): Hervorragende UV- und Witterungsstabilität, farbstabil/vergilbungsarm; oft etwas höherpreisig. Bevorzugt für transparente, farbsensible oder dauerhafte Outdoor-Anwendungen.
TPU lässt sich je nach Zusammensetzung exakt auf den Anwendungsfall abstimmen: von elastischen, weichen Elementen für Dichtungen oder Kabel bis hin zu formstabilen, verschleißfesten Komponenten in Maschinenbau, Sportausrüstung oder additiver Fertigung. Damit verbindet TPU in besonderer Weise Flexibilität mit Widerstandsfähigkeit.
Materialeigenschaften & Vorteile
Die Eigenschaften eines Werkstoffs bestimmen maßgeblich seine Einsatzmöglichkeiten. Im Folgenden werden die zentralen Leistungsmerkmale von TPU dargestellt und erläutert, warum es sich in vielen Anwendungen bewährt.
Mechanische Eigenschaften
TPU kombiniert Flexibilität mit hoher Belastbarkeit - ein Ergebnis seiner segmentierten Molekularstruktur: weiche, elastische Anteile wechseln sich mit harten, formgebenden Bereichen ab. Durch Variation der Rezeptur (z. B. Wahl der Vorläuferchemikalien, Vernetzungsgrad) lassen sich seine verschiedenen Eigenschaften gezielt einstellen.
Thermische Eigenschaften
Die gewählte Rezeptur beeinflusst nicht nur die Mechanik, sondern ebenso maßgeblich das Temperaturverhalten.
Chemische & physikalische Beständigkeit
Für den langfristigen Einsatz zählt neben der Leistungsfähigkeit auch die chemische und physikalische Widerstandsfähigkeit des Materials.
Weitere Eigenschaften
Über die klassischen mechanischen, thermischen und chemischen Eigenschaften hinaus weist TPU zusätzliche Merkmale auf, die seine breite Einsetzbarkeit verdeutlichen.
Verarbeitungsmethoden im Überblick
Damit TPU seine vollen Materialvorteile ausspielen kann, ist die Wahl des richtigen Herstellungs- und Verarbeitungsverfahrens entscheidend. Im Folgenden ein Überblick über gängige Methoden und deren Besonderheiten.
Produktion und Formgebung
Die Herstellung von TPU erfolgt durch Polymerisation bzw. Compoundierung, bei der Diisocyanate, Polyole (Weichsegmente) und Kettenverlängerer zu einem segmentierten Polymer reagieren. Ergänzend können Additive wie UV-Stabilisatoren, Farbpigmente oder Weichmacher zugesetzt werden, um die Eigenschaften gezielt anzupassen. In der Industrie liegt TPU meist in Granulatform vor - die übliche Ausgangsbasis für Spritzgießen und Extrusion.
Verarbeitungsverfahren
Nach der Granulatherstellung kann TPU mit unterschiedlichen Verfahren zu Halbzeugen oder Endprodukten verarbeitet werden:
Verarbeitungstipps
Für eine optimale Bauteilqualität sind einige Grundregeln zu beachten:
- Trocknung: TPU-Granulat und -Filamente sollten vor der Verarbeitung getrocknet werden, da Feuchtigkeit die mechanischen Eigenschaften deutlich verschlechtern kann.
- Temperaturführung: Schmelz-, Verarbeitungs- und Werkzeugtemperaturen müssen auf den TPU-Typ (Polyester vs. Polyether, Härtegrad etc.) abgestimmt sein.
- Kühlung und Nachbearbeitung: Die Abkühlgeschwindigkeit beeinflusst die Kristallisation der harten Segmente und damit Härte und Zähigkeit.
- Additive und Modifikationen: Eigenschaften lassen sich gezielt durch UV-Stabilisatoren, Farbpigmente, Weichmacher oder Füllstoffe anpassen. So sind z. B. glasfaserverstärkte TPU-Sorten erhältlich, die schlagzäh und formstabil sind.
Anwendungsgebiete von TPU
TPU wird in sehr vielen Bereichen eingesetzt. Hier eine Übersicht nach Branchen und typischen Anwendungsfällen:

Automobilindustrie
Schläuche, Dichtungen, Manschetten, Rollen (z. B. Lenkrollen), Innenraumkomponenten, Stoßfängerverkleidungen und Pflegeteile.
Medizintechnik
Schläuche, Katheter, flexible Implantate, orthopädische Anwendungen und medizinische Handschuhe. Hier sind vor allem Biokompatibilität und Sterilisierbarkeit entscheidend.


Sport, Freizeit & Schuhe
Schuhsohlen, Einlegesohlen, Sportgeräte, Schutz- und Grippelemente sowie wasserdichte und abriebfeste Ausrüstung.
Elektronik & Verbraucherprodukte
Gehäuse, Kabelummantelungen, flexible Steckverbinder oder Smartphonehüllen - geschätzt wegen hoher Flexibilität, Stoßabsorption und Abriebfestigkeit.


Additive Fertigung & 3D-Druck
Flexible Filamente für Prototypen, Kleinserien, Dichtungen, bewegliche Verbindungen oder Sondergeometrien.
Vorteile & Herausforderungen im Vergleich
Um den Einsatz von TPU richtig einzuschätzen, lohnt sich ein Blick auf seine Stärken und möglichen Einschränkungen.
Vorteile
Herausforderungen
Fazit: Elastisch, beständig & nachhaltig nutzbar
Thermoplastisches Polyurethan (TPU) ist ein außergewöhnlich vielseitiger Werkstoff, der Elastizität, Verschleißfestigkeit sowie chemische und thermische Belastbarkeit in sich vereint. Dank seiner Recyclingfähigkeit und der breiten Verfügbarkeit in unterschiedlichen Formen und Härtegraden deckt es ein enormes Anwendungsspektrum ab - überall dort, wo Flexibilität und Robustheit gleichermaßen gefordert sind.
Für den erfolgreichen Einsatz ist jedoch eine sorgfältige Auswahl entscheidend: Härtegrad, chemische Umgebung, Temperaturbedingungen, mechanische Belastung und regulatorische Anforderungen sollten genau berücksichtigt werden. Mit der richtigen Spezifikation bietet TPU nicht nur technische Vorteile, sondern trägt durch seine lange Lebensdauer und geringen Wartungsaufwand auch zur Kosteneffizienz bei.
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